fwn (Gast) - 9. Feb, 12:31

Alternative?

"[...] einer Partei verschreibt, deren Lernfähigkeit bescheiden ist, deren Prioritätensetzung fragwürdig ist und deren Durchsetzungskraft unterm Hund ist."

Im Gegensatz zu .... ?

maschi - 9. Feb, 14:02

Derzeit keine.

Aber das machts nicht besser, sondern nur schlechter.

Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten: entweder diese Partei stellt sich demnächst die Frage, warum sie ihre zweifellos vorhandene Macht und ihre zweifellos vorhandenen Mittel nicht zB dafür einsetzt, mit Druck aus der Bevölkerung demokratiepolitische Fortschritte zu erzielen - es gäbe eine Menge Themen, die massive Rückendeckung durch die Bevölkerung finden würden, aber dennoch in den Parlamenten nicht durchsetzbar sind, ein konzentrierter Schwerpunkt auf den Abbau der Parteienallmacht (transparente Parteienfinanzierung, verbesserte Korruptionsbekämpfung, massiver Ausbau des Vorzugsstimmenwahlrechts, etc etc) wäre nur ein kleines Beispiel dafür - und ein gut vorbereitetes Volksbegehren, das von 50% der Wahlberechtigten unterschrieben wird kann sehr wohl etwas bewegen... ja, oder aber sie begreift Politik auch weiterhin nicht als Kunst des Möglichen, sondern mehr als Kunst des Schwelgens und Sich-Wohlfühlens im Unmöglichen, dann wird diese Aufgabe früher oder später jemand anders übernehmen (müssen).

Und da ich an "entweder" eigentlich nicht mehr glaube, bleibt nur die Hoffnung, dass neue Kräfte, die ein konstruktives "oder" tragen könnten, früher oder später neu entstehen werden. Wo auch immer sie entstehen werden, aus etablierten Parteien oder Strukturen heraus oder ganz neu "bottom up" - sie sind mir willkommen.
laurenzennser - 11. Feb, 01:49

gut,

den schwerpunkt zum thema könnte man machen. gerade angesichts der causa innenministerium böte sich ein anlass.

aber: zu einem sauberen demokratieverständnis gehört auch, dass volksbegehren nun einmal nicht instrumente von parteien sein sollten, um themen zu propagieren. immerhin hat jede parlamentspartei alle möglichkeiten eines volksbegehrens sowieso.

und natürlich gibt es noch tausend anderen themen, die wichtig wären und zu wenig beachtung finden. aber der kunst des möglichen sind eben auch grenzen gesetzt. die grünen können 100.000 menschen gegen ein gesetz auf die straße bringen und es wird nichts nützen, wenn sie im parlament alleine bleiben. so frustrierend das auch ist.

und ganz zum schluss: einerseits den grünen das (passive) „schwelgen im unmöglichen“ vorzuwerfen, und andererseits die absicht zu äußern, dass man hoffnungsfroh auf die ankunft neuer kräfte warte, finde ich schon ein bissl widersprüchlich.

lg
L.
maschi - 11. Feb, 22:44

Danke, Laurenz, dass Du dich hier mit umfangreichen Debattenbeiträgen engagierst - ich führe das auch darauf zurück, dass Du weisst, dass ich nicht nur provokativ unterwegs bin, sondern auch konstruktiv kann, ein politischer Mensch bin, in dem Sinn, dass ich versuche mitzudenken. Insofern auch ein kleines Eingeständnis vorab: ich weiss, dass meine Aussage in diesem Eintrag sehr provokativ ist. vielleicht war es Ausdruck des Gefühls, dass man diese grüne Partei - wenn überhaupt - nur noch auf einem solchen weg ("Satire aus Notwehr") aufrütteln kann, aber eben nur wenn man es nicht einfach als Kabarett abtut und gleich wieder zur Tagesordnung übergeht.

Dieses satirisch aufbereitete Bild "gähnende Leere weit und breit, stehend auf dem flachen Feld, beim patscherten Versuch sich an den - eigentlich noch gar nicht "gewachsenen" - Genmais anzuketten, den Medienmann mit dem direkten Draht zur Macht ignorierend - die Basis? naja das sind eh wir..." - es sagt mir mehr als tausend Worte sagen könnten.

Zum Inhaltlichen hoffentlich nicht tausend, aber ein paar Worte: Du sagst, den Schwerpunkt Demokratie "könnte man zum Thema machen" und "Volksbegehren sind nicht Instrumente von Parteien" sowie "natürlich gibt es noch tausend anderen Themen, die wichtig wären". Ich möchte dich hier wirklich nicht stellvertretend für die grüne Partei "köpfen", das läge mir fern, schätze dich auch viel zu sehr, spüre dein positives und konstruktives Denken und weiss ja auch, dass Du für das Thema "Demokratiereform" was über hast. Aber kämen diese Aussagen von einem grünen Capo - was ich mir sehr gut vorstellen könnte, dann würden sie mir wiederum zeigen, dass hier Hopfen und Malz verloren ist. Es geht mir ja ua genau darum, dass die Prioritätensetzung kaum vorhanden ist, und wenns ernst wird auch Wankelmütigkeit dominiert, wie jüngst wieder am Beispiel der grünen Haltung zum Tschad-Einsatz zu beobachten gewesen.

Es ist meines Erachtens das zentrale politische Problem Österreichs, dass wir eine massive Erneuerung der politischen Strukturen und eine Zurückdrängung der Parteienmacht bei gleichzeitiger Stärkung des politischen Individuums brauchen. So scheinbar banale Dinge wie "Menschen, die glaubwürdig und dem eigenen, gebildeten Gewissen verpflichtet Verantwortung tragen" sind in der österreichischen politischen Arena nicht mehr normal - und ich glaube dass das systematische Gründe hat. Wir haben uns - im politischen Bereich - zu Tode "stabilisiert", haben verkrustete Abhängigkeitsstrukturen aufgebaut, die vieles sind, nur vor allem nicht demokratisch. Die notwendige Erneuerung muss, so wie es momentan aussieht gegen SPÖ und ÖVP durchgesetzt werden - und das geht aufgrund der wohl notwendigen zwei-Drittel-Mehrheiten nur mehr mit massivem politischem Druck aus der Bevölkerung. Dieser Druck wäre aktivierbar - mit Druck "von der Strasse", wenn Du so willst - würde das nicht so nach Revolutionsrhetorik klingen. Schade einfach, wenn die Grünen die grossen Chancen nicht ausreichend sehen, die durch die wirklich grosse Unzufriedenheit der Leute mit diesem System des grosskoalitionären Stillstands gegeben sind.

Wenn also der derzeitige Regierungsskandal mittels der auf rigardi.org angesprochenen und durchaus realistischen Variante 3 ("Es passiert gar nix") "beendet" werden sollte, dann wünsche ich mir eine Demokratieoffensive, die sich gewaschen hat. Und wenn die dann nicht kommt - ich werde 2010 möglichweise das erste Mal zum Nichtwähler - war mir immer unvorstellbar, mittlerweile aber nicht mehr gänzlich.

Zu Deinem Schluss, mein persönlicher Schluss: den Vorwurf, ich selbst würde nicht aktiv, den kann man mir machen, allein: er zieht irgendwie nicht, trifft nicht zu und trifft mich daher auch nicht. Ich werde eh aktiv, auf meine Art eben, sogar wesentlich mehr als die meisten anderen mit stressigem, selbständigen Job und Familie. Mein Beitrag wird nie der Beitrag eines Parteimenschen sein können, dazu stehe ich zu sehr mitten im Leben und dazu weiss ich bereits zu viel über mich selbst, mein parteipolitik- und irgendwie system-unverträgliches Denken und meine daraus resultierenden Prioritäten. Ich lass diesen Sumpf nicht mein Leben dominieren, sonst werde ich am Ende auch noch wie soviele andere "politische Menschen" glauben "Alles wird schlechter, alles geht den Bach runter". Das Gegenteil ist der Fall, allerdings: die Politik der "Reichen", durch die Globalisierung tendentiell unter Druck geratenen Staaten wird schlechter, sie geht den Bach runter, wenn sie nicht mit der global rasanten und den ärmeren Staaten de facto massiv zugute kommenden gesellschaftlichen Entwicklung Schritt hält. Ich halte es daher mit einem ähnlichen Gedanken mit dem der enttäuschte Grünwähler hannes.s seinen für mich spannenden Comment zum Thema hier abschliesst: es gibt auch für mich vielversprechendere Wege, konkrete kleine Dinge zum Besseren zu verändern. Der gewissen Biedermeierlichkeit dieser Haltung bin ich mir bewusst - ich habe mir dieses politische System, das Nicht-Berufspolitikern keinen relevanten Raum lässt, aber eben auch nicht ausgesucht - und nehme mir die Freiheit, es als von den Auswirkungen unmittelbar Betroffener und eben (absurderweise) dennoch "von aussen" zu kritisieren.
laurenzennser - 12. Feb, 14:47

lieber maschi

danke für den dank. und danke für die provokation – wenn man sich denn für provokation bedanken darf, denn mir scheint der beste dank für den provokateur ist immer noch das entsetzen. schlimm, wenn die provokation mit einem abfälligen „seid’s eh trotzdem lieb!“ vereinnahmt wird, wie in österreich nur zu oft der fall … aber ich schweife ab.

zum konkreten: du weißt, dass ich viele deiner bedenken bezgl. der strukturellen festgefahrenheit unseres politischen systems teile. es stimmt, dass dieses thema in meiner eigenen politischen beschäftigung nicht die priorität hat, die du ihm einräumst. wobei die tatsache, dass man vieles auch innerhalb der bestehenden regeln verbessern könnte, nicht dagegen spricht, die regeln als solche zu überdenken.

und jetzt kommt ein zentraler punkt: du stellst meiner meinung nach völlig richtig fest, dass so etwas nur gegen spö und övp durchzusetzen wäre. und dass man dafür massiven druck aus der bevölkerung bräuchte. eine echte bewegung „von der straße“ also bottom-up, die eine „massive Erneuerung der politischen Strukturen und eine Zurückdrängung der Parteienmacht“ propagiert, verliert aber stark an glaubwürdigkeit, wenn sie von einer etablierten partei ausgeht. außerdem schreckt das engagement einer partei auch immer leute ab, die für parteiunabhängige initiativen leicht zu haben wären. auch wenn das engstirnig klingt: wenn die fpö morgen ein volksbegehren zur stärkung der direkten demokratie startet, dann würde ich mit meiner unterschrift stärker zögern als bei einer parteiunabhängigen initiative.

und zum schluss: ich würde niemandem einen vorwurf machen, der sich nicht politisch engagiert (in welcher form auch immer, und dieses blog ist ja übigens ein zutiefst politisch engagiertes). aber provokant gefragt: wie soll sich denn das system jemals ändern, wenn nicht auch menschen mit „parteipolitik-unverträglichem denken“ es von innen aufbrechen? wobei ich mich dagegen verwehren möchte, dass einem die aktive mitgliedschaft in einer partei quasi das gehirn wäscht und man dann nicht mehr „mitten im leben“ stehen kann.

und ganz zuletzt: die biedermeierlichkeit ist mein täglicher begleiter, vor allem dort in der gemeindepolitik, wo ich aktiv bin. da gibt's den großen wurf nicht. wahrscheinlich ist die politik da biedermeiderlicher als alle anderen engagements …
maschi - 12. Feb, 15:11

find dich eigentlich cool, laurenz. du stellst hier die coolness der uncoolen unter beweis... vielleicht werde ich darüber mal was schreiben... :)

ein paar punkte:
- die bottum-up-bewegung: ich sehe hier die grösste herausforderung, dass eine solche vermutlich von strache unterstützt werden würde. es wäre daher massiv notwendig, dass sich die grünen in so einem moment nicht abwenden. erfahrungsgemäss eine schwierige hürde für euch, wenn ich das so sagen darf. btw: ich nehme an, du weisst, dass in etwa so eine art volksbegehren demnächst vielleicht sogar kommen wird? mit auf die diesbezüglichen grünen befindlichkeiten (siehe verfassungskonvent) bewusst oder unbewusst zugeschnittenem inhalt...
- parteipolitik-unverträgliches denken hat "innen" definitiv keinen platz, das ist schon meine sicht.
- "mitten im leben" - sorry, aber das hast du falsch verstanden, es war lediglich auf die zeitliche komponente meines lebensalters bezogen. :)

und das mit dem (nicht leichten oder gar unmöglichen) grossen wurf - da wär ja schon wieder ein kristallisationspunkt für einen neuen eintrag... ;)

danke fürs brainstormen + lg!
laurenzennser - 12. Feb, 22:22

also

das mit der coolness versteh ich auch nach mehrmaligem lesen nicht. bin vielleicht zu uncool dafür … :)

die frage, wie sehr einer bewegung die nähe und unterstützung einer partei nützt oder schadet ist nicht so leicht zu beantworten, und jedenfalls im einzelfall zu entscheiden. aber immerhin gibt es bei den grünen ein gewisses maß an know-how, wie man bürgerinitiativen unterstützt (v. a. finanzielle und rechtlich). aber es ist schon ein wichtiger unterschied, von wo die bewegung ausgeht. wenn es etwa der demokratische salon schafft, das auf die beine zu stellen, sollten es die grünen jedenfalls aus voller kraft unterstützen. aber das müssen auch die initiatoren wissen, wieviel „endorsement“ sie wollen …
ob die grünen es „derpacken“ würden, so etwas von sich auf die beine zu stellen – da wäre ich vorsichtig. ehrlich gesagt findet man sich als „parteimensch“ öfters in der paradoxen situation, dass man sich fragt, ob einer initiative es vielleicht mehr schaden als nützen würde, wenn man dort mitmacht …
in dem sinn wär es vielleicht sogar gesünder, wenn das mögliche volksbegehren nicht auf grüne vorstellungen zugeschnitten ist.

und zum denken: ich verwehre mich der vorstellung, dass parteipolitik ein bestimmtes denken von vornherein ausschließen muss. das würde nämlich auch bedeuten, dass es allen parteimenschen ein bestimmte art von denken verunmöglicht. und das will ich aus ganz egoistischen gründen nicht akzeptieren …

zum wurf und seiner größe: angela merkel hat das „die politik der kleinen schritte“ genannt. diesen pragmatismus finde ich prinzipiell gesund. bloß gibt es gerade in österreich einige politische baustellen, bei denen ein großer wurf (bei all seiner unmöglichkeit) die einzig vernünftige herangehensweise wäre. aber das würde jetzt zu weit führen …
auf einen diesbezüglichen beitrag freu ich mich aber :)

lg
L.
maschi - 12. Feb, 23:54

die coolness der uncoolen - ich verstehs selbst noch nicht so ganz, aber es gefällt mir. :)

ad denken: vielleicht hats weniger mit dem denken zu tun - das denken ist frei - sondern mit der fähigkeit sich einzufügen und letztlich auch unterzuordnen - die fehlt mir fürchte ich in dem für parteipolitik notwendigen ausmass. das ist nicht negativ gemeint, auch nicht gegen mich negativ, ich fühl mich wohl in meiner haut.

beitrag "grosser wurf" ist mal vorgemerkt - ich fürchte da werden noch mehrere solche beiträge kommen müssen - und dann werdens doch wieder kleine würfe... :) schaumamal.

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