20
Jan
2008

Uuups.

Heute wirds sehr lang. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass ich ausnahmsweise ernsthaft versuche, seriös und konstruktiv zu sein. Und schon wirds unlesbar - und schon haben wir wieder den Beweis dafür geliefert, aus welchen Gründen sich der Versuch des Seriösen und Konstruktiven in unserer aufmerksamkeitsgesteuerten Mediendemokratie nur so schwerfällig durchzusetzen imstande ist.

Wer also im Moment glücklicherweise eigentlich Arbeit hat, aber dennoch daran interessiert ist, einen konstruktiv seien wollenden Beitrag zur Raucherdebatte zu lesen, den es in dieser Form vielleicht noch nicht gegeben hat - wer weiss das schon wirklich - dem sei daher ans Herz gelegt: Druck mich doch aus und nimm mich irgendwohin mit, wo es noch eine Oase der Ruhe und Kontemplation für Dich gibt. Ich werde ehrlich versuchen, nicht über Gebühr zu stören! :)

Und darum geht's: "Du sollst nicht rauchen" - entwickelt sich diese Forderung zu einer Art pseudoreligiösem 11. Gebot des 21. Jahrhunderts? Ich meine - trotz ursprünglich grosser Skepsis gegenüber einer mir insgesamt zutiefst antiliberal anmutenden Anti-Rauch-Bewegung: die Argumente der informierten und freiheitsliebenden Zeitgenossen gegenüber durchaus aufgeschlossenen Nichtraucherfraktion (ja, diese aufgeschlossene Fraktion gibts natürlich und sie ist auch die einzige Nichtraucherfraktion mit der ich mich in Folge auseinandersetzen möchte) überzeugen mich nun. Die aus diesen Argumenten schlüssig ableitbare Forderung nach einem Totalverbot des Rauchens nicht nur in öffentlichen Gebäuden und sonstigen rein öffentlichen Bereichen, sondern auch in allen Lokalen, Restaurants, Cafés und Bars hinterlässt bei mir aber weiterhin ein bleibendes und begründbares Unbehagen mit einigen Konsequenzen. Dieses Unbehagen war die Motivation, verstärkt darüber nachzudenken, ob das Totalverbot für das Rauchen für den Bereich der Lokale wirklich die einzig mögliche oder zumindest beste Antwort ist, wenn man die Argumente der Nichtraucherfraktion anerkennt. Ich denke nach wie vor, diese Frage mit NEIN beantworten zu können und mache daher den Versuch eines welt- bzw. österreichfremden und gleichzeitig hoffentlich interessanten Alternativvorschlags zum Totalverbot.

Man kann das Pferd natürlich auch von hinten aufzäumen, bei meinem Lösungsvorschlag beginnen, um erst später, bei Bedarf und Interesse den Weg, auf dem ich dorthin gelange und mein dabei verbleibendes Unbehagen, nachzuvollziehen.

Im Sinne eines der genialsten Auftragswerksverfasser der Geschichte: As You Like It!

Die Lizenz zum Rauchen.

Die wichtigen Argumente für ein Totalverbot des Rauchens im öffentlichen Bereich und das trotzdem bleibende Unbehagen mit einigen Konsequenzen führen zum Nachdenken, ob es nicht doch einen noch besseren, die Bedürfnisse aller berücksichtigenden Lösungsansatz geben könnte, als er mir bisher über den Weg gelaufen wäre. Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass ich sicher beiweitem nicht "alles" gelesen habe was zu diesem Thema schon gesagt oder publiziert wurde, sondern vorrangig selbst nachgedacht habe - ich bin daher dankbar für Hinweise, ob sich der im folgenden präsentierte Gedanke vielleicht schon früher oder anderswo gefunden hat:

Ich denke, der beschriebene Regulierungsbedarf ist ein geradezu prädestinierter Fall, ein System marktperfektionierender staatlicher Lizenzierung anzudenken, zB der folgenden Art:
  • Rauchen in Lokalen wird grundsätzlich generell verboten, der Lokalinhaber hat aber die Möglichkeit für jeden Quadratmeter, den er als "Raucherfläche" zur Verfügung stellen möchte, eine staatlich ausgegebene "Lizenz zum Rauchen" zu erwerben. Dann darf er, solange er die erforderliche Anzahl solcher Lizenzen hält auch die entsprechende Anzahl an Quadratmetern zum Rauchen freigeben.
  • Die Gesamtanzahl derart ausgegebener Lizenz-Quadratmeter wird politisch/demokratisch festgelegt. So könnte man zB 75%, 50%, 25%, 5% oder jeden anderen Prozentsatz der in einer Gemeinde wie Wien in etwa vorhandenen Lokalfläche als Raucherfläche lizenzierbar machen. Wieviel genau ist dann eine rein politische Frage der Abwägung der Interessen aller Beteiligten.
  • Die Laufzeit der Lizenzen beträgt zB 3 Jahre, bei Erstausgabe der Lizenzen werden diese versteigert, sei es auf ebay ;) oder eben auf altmodischerem Weg. Während ihrer Laufzeit sind die Lizenzen frei handelbar. Andenken könnte man sogar eine Gestaltung als klassisches, vielleicht über Banken handelbares Wertpapier. Alle drei Jahre, wenn die Laufzeit der Wertpapiere ausläuft, kann man das System reevaluieren und die Gesamtlokalfläche für Raucher neu festlegen.
  • Die administrativen Kosten so eines Systems werden in Form von Ausgabeaufschlägen oder Transaktionsgebühren von den Erwerbern der Papiere (den Inhabern der Raucherlokale) eingehoben.
  • Die eigentlichen Lizenzgebühren, die sich erstmals im Zuge der Versteigerung als Marktwert eines Quadratmeters Rauchfläche materialisieren, könnte man zB für das Gesundheitssystem zweckwidmen, wenn man das möchte.
Der Ansatz hätte folgende recht handfesten Vorteile gegenüber Teil- und Totalverbotsszenarien:
  • Der Vorteil, den Lokalinhaber im Betrieb von Raucherfläche subjektiv zu sehen glauben, wird im Weg der Versteigerung wirtschaftlich bewertet - und abgeschöpft. Dies stellt auf maximal granulare Art und Weise sicher, dass Wettbewerbsvor- und/oder -nachteile zwischen grossen und kleinen Lokalen und kleinen Lokalen untereinander mit Hilfe von "marktkonformen" Mechanismen ausgeglichen werden.
  • Einer gewissen Gesundheitspolitik kann Rechnung getragen werden, indem die Zahl der ausgegebenen Quadratmeter auf jene Fläche begrenzt wird, die man eben haben will. Natürlich könnte hier die Anzahl der Raucher und Nichtraucher in der Bevölkerung miteinfliessen und ein entsprechendes Angebot an Fläche und Lokalen ist von vorneherein sichergestellt. Aber es könnten auch ganz andere Überlegungen zur Bemessung der Gesamtfläche ausschlaggebend sein, etwa wenn man den Arbeitnehmerschutz in den Vordergrund stellen möchte.
  • Der bürokratische Aufwand bliebe meines Erachtens einerseits sehr überschaubar und andererseits aber jedenfalls durch die Lizenzinhaber (also die Inhaber der Raucherlokale) finanziert: alle drei Jahre eine Auktion, dazwischen ein freier "Wertpapier"handel - bei einer Lokalkontrolle muss man lediglich die Innehabung der Lizenzen für die vorhandenen Quadratmeter Raucherfläche nachweisen.
  • Wenn man das möchte, liesse sich das System jederzeit mit weiteren Auflagen für Lokale verknüpfen. So könnte man zB ähnlich wie bisher zusätzlich festlegen, dass grössere Lokale zB maximal 50% ihrer Fläche für Raucher deklarieren dürfen - oder dass kleinere Lokale entweder für ihre gesamte Fläche Lizenzen erwerben oder eben ein Nichtraucherlokal bleiben, sich also jedenfalls zu 100% entscheiden müssten. Wesentlich ist: auch in all diesen Varianten werden Wettbewerbsverzerrungen durch das System ökonomisch minimiert, weil der Betrieb von Raucherfläche zum vom Markt bewerteten Kostenfaktor wird. Überlegenswert, vor allem mit Blick auf die Wahlfreiheit der Arbeitnehmer, fände ich auch die Auflage, dass sich alle Lokale (egal ob "gross" oder "klein") jedenfalls zu 100% entscheiden müssten: Raucher oder Nichtraucher.
Summa summarum wäre dann je nach genauer Ausgestaltung eine ganze Vielfalt an Lokalen nebeneinander denkbar: Nichtraucherlokale, Raucherlokale, gemischte Lokale. Die Gesamtfläche in einer Gemeinde bliebe unter demokratischer Kontrolle. Die genaue Ausgestaltung wird weitgehend dem Markt überlassen. Die Raucherlizenzen können und werden durch jene Lokalinhaber erworben werden, die sie für sich als wirtschaftlich besonders relevant halten. So wird der Inhaber einer Bar, in der die Kunden kommen, um ausgefallene Sorten von Havanna Zigarren zu konsumieren vermutlich einen höheren Preis für die Raucherlizenz bezahlen wollen als der Pächter der Kantine eines Vereins "Rauchfreies Europa". Die Kantine wird vermutlich selbst dann rauchfrei bleiben, wenn der Pächter absurderweise gerne eine Raucherlizenz hätte, denn der sich am Markt ergebende Preis der Lizenz wird es ihm am Ende des Tages wohl nicht wert sein...

Betrachten wir nun nochmal die oben genannten, mir Unbehagen bereitenden Konsequenzen eines Totalverbots, dann zeigt sich folgendes:
  • Sowohl Raucher als auch Nichttraucher haben in einem solchen System eine realistische, freie Wahl an Angeboten. Es bleibt zwar richtig, dass Nichtraucher, wenn sie mit Rauchern zusammentreffen möchten uU weiterhin tolerant sein werden und ein Raucherlokal als Treffpunkt wählen, aber solange beide Möglichkeiten "um die Ecke" existieren, und somit eine echte freie Wahl entsteht, wer nun tolerant zu sein hat, wird diesem Argument für mich der Boden entzogen: Dieselbe Frage der Toleranz oder Nicht-Toleranz stellt sich wie oben beschrieben auch dann, wenn Raucher und Nichtraucher an jedem anderen nicht-öffentlichen Ort zusammentreffen, weil sie eben beide zusammentreffen wollen oder müssen.
  • Den Existenzängsten insbesondere kleiner Lokalinhaber kann Rechnung getragen werden, weil das Lizenzsystem die Wettbewerbsvor- und/oder -nachteile wirtschaftlich so gut als irgend möglich ausgleicht und jeder für sich die Chance hat, zu bewerten, ob er persönlich die Kosten des Erwerbs einer Lizenz auf sich nehmen sollte oder eben nicht.
  • Absurden Konsequenzen des Totalverbots (Beispiel 2 Hotelbars, Beispiel Havanna-Zigarren-Bar) kann problemlos Rechnung getragen werden.
  • Ein künftig vielleicht noch liberalerer Umgang mit persönlichen Vorlieben einzelner Bürger (Stichwort Coffeeshops nach niederländischem Vorbild) könnte in ähnlicher Art und Weise Rechnung getragen werden, indem eben entsprechende Lizenzen ausgegeben werden und die Gesamtmenge solcher Einrichtungen somit demokratisch steuerbar bleibt.
Ein Wort noch zum Arbeitnehmerschutz: Ich denke, dass diese Frage ebenso dadurch obsolet wird, dass ein demokratisch bestimmbarer, aber eben auch in dieser Hinsicht ausreichend grosser Markt an Nichtraucherlokalen sichergestellt werden kann, so dass Arbeitnehmern, die ihrem Beruf in rauchfreier Umgebung nachgehen wollen ebenfalls eine realistische freie Wahl bleibt. Es macht eben keinen Sinn, für rauchende Kellner und Kellnerinnen nach Schutz vor Passivrauch zu rufen. Weiters ist in diesem Kontext vielleicht doch auch im Hinterkopf zu behalten, wieviele andere Berufe es gibt, die mit gesundheitlichen Risken verbunden sind, die sehenden Auges und bewusst in Kauf genommen werden müssen, weil sie notwendig sind, um die Bedürfnisse DES KUNDEN zu befriedigen und die subjektiven Vorteile des Arbeitnehmers, einen guten Job zu haben, diese Nachteile deutlich überwiegen. (Alltagsbeispiel: Autoabgase in einer KFZ Werkstatt, Extrembeispiel: Formel-1-Rennfahrer)

Und nun abschliessend: ich bin natürlich nicht so vermessen, zu glauben, dass solche weltfremden und insbesondere österreichfremden Vorschläge irgendetwas am Zug der Zeit ändern werden. Das Totalverbot öffentlichen Rauchens wird zweifellos kommen. Mir war es aber wichtig, meine eigenen Gedanken in dieser Frage, die mich trotz meines Nichtraucherdaseins nun schon einige Zeit geistig "verfolgen", einmal zu sortieren und vielleicht für den einen oder anderen Interessierten auf diesem Weg aufzuzeigen, dass das Nachdenken über "marktkonforme", eine Vielfalt erhaltende oder sogar fördernde Regulierungsmechanismen etwas ist, das in unserer politischen Kultur leider viel zu kurz kommt. Wir denken für meinen Geschmack immer noch viel zu sehr in "Geboten" und "Verboten". Wir brauchen aber weniger Schwarz und weniger Weiss, sondern mehr Graustufen. Oder noch besser gesagt: viel mehr Farbe!

Das Unbehagen mit den Konsequenzen.

All die guten Argumente für ein Totalverbot des Rauchens in Lokalen, Restaurants, Cafés und Bars anerkennend bleibt aber dennoch ein Unbehagen bei mir zurück: einer grossen Bevölkerungsgruppe wird jeder öffentliche Raum genommen, zumindest soweit genommen, dass man annehmen darf, sie wird sich in diesem öffentlichen Raum nie mehr so vollständig wohlfühlen, wie das bisher der Fall war. Ich möchte also nochmal einige wesentliche Punkte zusammenfassen, die mir gröberes Unbehagen bereiten:
  • Das Sozialleben von Rauchern wird wie erwähnt objektiv nachweisbar weitgehend eingeschränkt - sie können selbst dann nicht mehr gemeinsam ihrem selbstgewählten Vergnügen in einem öffentlichen Lokal ihrer Wahl nachgehen, wenn sie mit ihrem Verhalten im konkreten Fall keinen einzigen Nichtraucher stören oder Schaden zufügen können, einfach weil keiner anwesend ist. Raucher auch in solchen Fällen auf ihre Privatwohnungen zu verweisen ist objektiv nachweisbar in jeder Hinsicht nutzlos. Niemandem wurde mit dieser Freiheitseinschränkung konkret gedient.
  • Die Freiheit von Lokalinhabern, ihr (unter oft jahrelangen Entbehrungen in mühsamer Kleinarbeit aufgebautes) Lokal in der Art und Weise zu betreiben, wie sie es für richtig halten, um ihre (unter oft jahrelangen Entbehrungen in mühsamer Kleinarbeit aufgebaute) Kundschaft zu halten, wird objektiv nachweisbar weitgehend eingeschränkt. Die damit verbundenen Existenzängste insbesondere kleiner Lokalinhaber möchte ich ernst nehmen, der Pauschalverweis auf mehr oder weniger gute Erfahrungen im Totalverbots-Ausland wird dem einzelnen Selbständigen oftmals nichts nützen, wenn sein ganz konkretes, kleines Lebenswerk dann doch den Bach runtergeht, weil die Gesellschaft mittem im Spiel die Spielregeln ändert.
  • Lokale für Raucher sind nicht einmal mehr dann möglich, wenn die Konsequenzen des Totalverbots geradezu absurd werden - ein Beispiel dafür wäre ein Hotel mit einem rauchfreien Hotelrestaurant und zwei Hotelbars, wobei das Hotel gerne eine der beiden Bars für Raucher deklarieren möchte - ein anderes Beispiel wäre ein auf das Konsumieren von ausgefallenen Havanna Zigarren spezialisiertes Etablissement.
  • Die Entwicklung hin zu einer für mich ganz persönlich eigentlich wünschenswerten, tendentiell gegenüber individuellen Vorlieben liberaler werdenden Gesellschaft wird weiter erschwert. So wird es etwa schwer möglich sein, eines Tages zB Coffeeshops nach holländischem Vorbild in Österreich zuzulassen, wenn nichtmal mehr einzelne Lokale erlaubt sind, in denen man herkömmlichen Tabak geniessen darf...
Die Raucherdebatte scheint vielen von der einen oder anderen Seite überzeugten Diskussionsteilnehmern im wesentlichen beendet zu sein. Alle vorhandenen Argumente sind ausgetauscht, alle Positionen abgesteckt und bezogen, die Fronten festgefahren. Ich denke, das ist nicht der Fall. Es gäbe sie, die besseren Lösungen, die den Interessen aller Beteiligten besser gerecht werden würden als das Totalverbot.

Du sollst nicht rauchen. Das 11. Gebot?

Es geht um den gesundheitlichen Schutz des Nichtrauchers vor dem Rauch der Raucher - und um nichts anderes.

Dies ist das schlichte und einfache Hauptargument, mit dem viele Menschen zur Überzeugung kommen, ein Totalverbot des Rauchens in Lokalen, Restaurants, Cafés und Bars sei gut argumentierbar - ja vielleicht sogar die wahrhaft "liberale" Lösung zum allgemeinen Besten, schliesslich könne eine oftmals postulierte, aber eben nicht argumentierbare "Freiheit zu Rauchen" niemals auf Kosten der Freiheit des Nächsten gehen, keinen Rauch einatmen zu wollen.

Klingt das stimmig?

Und wenn ja, rechtfertigt das aber wirklich ein Totalverbot in Lokalen, Restaurants, Cafés und Bars? Recht weitgehend unbestritten und auch seit langem meine Position ist es, dass in eindeutig und jeder Hinsicht öffentlichen Räumen (Schulen, Ämtern, Verkehrsmitteln, Krankenhäusern, etc...) ein totales oder sehr sehr weitgehendes Rauchverbot tatsächlich die einzig angemessene Lösung ist. Nichtraucher können diese Bereiche öffentlichen Lebens keinesfalls umgehen, sie haben keinerlei Wahl - keine Wahl etwa ihren Führerschein auf einem eigenen Verkehrsamt für Nichtraucher abzuholen - das Bedürfnis des Rauchers nach jederzeitiger freien Entfaltung all seiner rationalen und irrationalen Bedürfnisse muss demgegenüber wohl zurücktreten. Dem Raucher in diesem Fall seine Freiheit zu gewähren schränkt die Freiheit des Nichtrauchers, den Rauch nicht einatmen zu müssen, in unzulässiger Weise ein.

Wie kommt die informierte und freiheitsliebenden Argumenten gegenüber durchaus aufgeschlossene Nichtraucherfraktion (ja, die gibts und sie ist auch die einzige Fraktion mit deren Argumenten ich mich in Folge auseinandersetzen möchte) nun aber zur Überzeugung, dass auch im Bereich der Lokale, Restaurants, Cafés und Bars ein Totalverbot die gebotene Lösung sei? Wäre es nicht durchaus legitim, wenn es neben einer grossen Anzahl an Nichtraucherlokalen auch eine gewisse Anzahl an Raucherlokalen gäbe? Sollte man nicht eine Kompromisslösung im Wege von Teilverboten und diversen nichtraucherfreundlichen Betriebsauflagen für Lokale suchen? Sollte es nicht im Bereich sehr kleiner Lokale, die keine Raumtrennung vornehmen können, eine Wahlfreiheit für die Lokalinhaber geben - und könnte das Problem im übrigen nicht einfach dem Markt überlassen bleiben? Gibt es eben vielleicht einfach keine reale Nachfrage nach Nichtraucherlokalen?

Nun, das einfache Argument der Nichtraucherfraktion lautet dann meist, die Wahlfreiheit der Lokalinhaber habe eben nicht "zum Erfolg" geführt. Wobei: mit "Erfolg" wird in diesem Fall wohl niemals gemeint gewesen sein, dass ALLE Lokale freiwillig und komplett auf "rauchfrei" hätten umstellen müssen, um das Ergebnis in den Augen der aufgeschlossenen Nichtraucherfraktion als "Erfolg" gelten lassen zu können. Nein, gemeint war wohl hier immer, dass das Angebot an rauchfreien Lokalen leider nach wie vor weitgehend inexistent sei. Nun, auch diesem Argument bin ich zunächst mit einer gewissen Portion Skepsis entgegengetreten, denn immerhin könnte man ja auch meinen, dass es trotz heftiger öffentlicher Debatten bisher einfach kaum reale Nachfrage nach Nichtraucherlokalen gab: für den Nachweis einer solchen Nachfrage reicht es nämlich nicht, aufzuzeigen, dass es wesentlich weniger Plätze in Nichtraucherlokalen gibt als Nichtraucher - entscheidend ist ja vielmehr, ob die Nichtraucher selbst tatsächlich ein Nichtraucherlokal WOLLEN und aktiv bervorzugen.

Überzeugend ist allerdings folgendes: es lässt sich aufzeigen, dass die Nichtraucher in diesem Markt, selbst dann, wenn sie ein Nichtraucherlokal besuchen WOLLEN, in einer systematischen Verliererposition gefangen sind: der Nichtraucher kann sein Konsumverhalten mit Bezug auf Lokale nicht einfach durch blosse Auswahl treffen - so wie das bei der simplen Auswahl zwischen roten und grünen Äpfeln ganz einfach der Fall wäre - sondern sein Wunsch nach einer ausreichenden Anzahl von rauchfreien Lokalen würde erst dann vom Markt zunehmend bedient werden, wenn er von der Fraktion der toleranten Nichtraucher in die Fraktion der intoleranten Nichtraucher wechseln würde - mit allen damit verbundenen sozialen Konsequenzen: nur der intolerante Nichtraucher hat eine gewisse Marktmacht, der tolerante Nichtraucher nahezu keine. Es ist die Toleranz des durchschnittlichen Nichtrauchers, die dazu führt, dass sich die Angebotsseite in diesem Markt nur zu sehr zögerlicher Anpassung veranlasst sieht, denn sie kann als "Raucherlokal" ja diese beiden Gruppen problemles bedienen: die Raucher sowieso und die grosse Menge der toleranten Nichtraucher eben auch. Vergleicht man diese Nachfragesituation der Nichtraucher aber mit der Situation auf dem Markt für zB rote und grüne Äpfel, dann hätte der Nachfrager grüner Äpfel gewissermassen erst dann eine reale Chance, grüne Äpfel auch angeboten zu bekommen, wenn er dazu aktiv darauf bestehen müsste, dass in Apfelläden keine roten Äpfel mehr angeboten werden. Da nur wenige Liebhaber grüner Äpfel dieser absurden Forderung gemäss so "intolerant" gegenüber den Liebhabern roter Äpfel sein werden wollen, werden sie im Zweifel eben zur Kenntnis nehmen, dass grüne Äpfel für freundliche Menschen eben kaum zu haben sind - und in den roten Apfel beissen, der im Fall der Raucherlokale zudem ein "schleichend vergiftender" Apfel ist...

Dieser Markt hat daher sozusagen "Lungenkrebs", oder ganz simpel: er funktioniert nicht zufriedenstellend. Er benötigt einen Eingriff, der sicherstellt, dass er wieder das zu leisten imstande ist, was wir eigentlich von ihm wollen: reale Wahlfreiheiten herzustellen.

Der Weg auf dem die informierte und liberalen Argumenten durchaus aufgeschlossene Nichtraucherfraktion von der Erkenntnis eines nicht funktionierenden Markts schnurstracks zur Forderung nach einem Totalrauchverbot gelangt, ist ebenfalls interessant und ebenfalls nachvollziehbar: Die bestehende Wahlfreiheit des Konsumenten habe nachweisbar (und ich füge hinzu: aufgrund der systematischen Verliererposition der toleranten Nichtraucher) nicht zu einer ausreichenden Anzahl rauchfreier Lokale geführt. Das Konzept von Teilverboten und räumlicher Trennung könnte zwar prinzipiell akzeptabel sein, funktioniere aber leider nur für ausreichend grosse Lokale einigermassen zufriedenstellend. Da sich kleine Lokale in Folge für Raucher bzw. Nichtraucher entscheiden müssten, bestünde die Gefahr, dass sie sich aufgrund antizipierter Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Lokalen (und wiederum aufgrund der systematischen Verliererposition toleranter Nichtraucher) in grosser Mehrheit wiederum für die Deklaration als Raucherlokal entscheiden müssten. Dies scheint plausibel zu sein. Und die weitere Konsequenz daraus ist dann aber die Forderung nach dem Totalverbot des Rauchens in Lokalen, Restaurants, Cafés und Bars. Denn dies sei die einzige Position, die dem Nichtraucherschutz gerecht werde und gleichzeitig die durch Teilverbote fast zwangsläufig entstehenden Wettbewerbsverzerrungen ausschliesse. So sei insbesondere schlecht akzeptabel, dass kleinen Lokalen ein Totalverbot auferlegt werde, während grosse Lokale mit einem gemischten Angebot auftrumpfen könnten. Ein nobles, vor allem ein richtiges Argument, wie ich meine.

Wir halten aber an dieser Stelle penibel fest: Hätte der Markt eine der Nichtraucherfraktion zur Befriedigung ihrer Nachfragebedürfnisse "ausreichend grosse" Anzahl an Nichtraucherlokalen zur Verfügung gestellt, wäre der Forderung nach einem Totalverbot einer ihrer wesentlichsten Grundlagen entzogen. Dasselbe gilt meines Erachtens auch für den Arbeitnehmerschutz: Stünde eine "ausreichend grosse" Anzahl an Nichtraucherlokalen zur Verfügung, die es jeder nichtrauchenden Kellnerin und jedem nichtrauchenden Barkeeper auf Wunsch ermöglicht, in einem Lokal für Nichtraucher zu arbeiten, wäre der Forderung nach einem Totalverbot eine ihrer wesentlichsten Grundlagen entzogen. Und schliesslich gilt ähnliches für das Argument, Nichtraucher müssten auch in so einer Welt mit einer ausreichenden Anzahl an Nichtraucherlokalen uU immer noch ihre sozialen Kontakte mit Rauchern in Raucherlokalen pflegen: Stünde diese "ausreichend grosse" Anzahl an Nichtraucherlokalen zur Verfügung, die eine freie Wahl ermöglicht, dann kann der liberale Geist es der dann real freien Vereinbarung zwischen Raucher und Nichtraucher überlassen, ob der Raucher in Gegenwart des Nichtrauchers rauchen darf und auf welchen Lokaltyp die gemeinsame Entscheidung fällt. Die Gestaltung des Sozialkontakts mit Rauchern ist schlussendlich eine Frage, der sich Nichtraucher auch im nicht-öffentlichen Bereich stellen müssen: zB indem sie die gemeinsame Entscheidung fällen, ob man einander in der Wohnung des Rauchers trifft, in der dieser in Gegenwart des Nichtrauchers rauchen wird, oder aber in der Wohnung des Nichtrauchers, in der der Raucher auf Wunsch des Nichtrauchers vielleicht vor der Tür rauchen wird müssen.

"Hättiwari", ich weiss. Ich anerkenne aber also die Argumente für das Totalverbot und unterstelle trotz meines reisserischen Titels keine pseudoreligiöse Bewegung für das 11. Gebot des 21. Jahrhunderts. Akzeptierte ich aber das Totalverbot, bliebe ein echtes Unbehagen mit einigen Konsequenzen zurück und daraus resultiert mein Nachdenken, ob es nicht eine bessere Lösung als dieses Totalverbot geben könnte. Eine Lösung, die genau diese beschriebene "ausreichend grosse" Anzahl an Nichtraucherlokalen zur Verfügung stellen könnte.
bastille

brainstorming the bastille?

Geistig erstarrten Bastionen begegnen wir nicht nur in der Politik, sondern beinah überall... nicht zuletzt auch in uns selbst. Und so bleibt aber die ständige Herausforderung, sie immer wieder neu zu erstürmen.

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martin[@]schimak[.]at
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Just wanted to say Hello!
It's amazing in favor of me to have a website, which...
http://www.healthraport.de/ratschlage/a,men-solution-plus-losung-fur-echte-manner.html (Gast) - 20. Sep, 13:12
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dieser ganze zirkus von wegen kampf gegen raucherlokale...
wallenstein (Gast) - 23. Feb, 11:04
Danke für diesen Blog...
Danke für diesen Blog - ist mir immer wieder ein Vergnügen...
shaman (Gast) - 2. Dez, 11:56
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alles gute! des rätsels lösung: machs wie ich. ich...
Tom Schaffer (Gast) - 29. Nov, 22:57
Alles Gute
habe dich gerne gelesen. wenn auch nicht immer kommentiert.
weltbeobachterin (Gast) - 29. Nov, 16:46
Besserwisser ist das...
oder ich habe es falsch angewendet. Nicht im Sinne...
weltbeobachterin (Gast) - 29. Nov, 16:40
Zuerst mal alles Gute...
Zuerst mal alles Gute zum Geburtstag! Ich kenne das...
Thomas (Gast) - 28. Nov, 17:24
zum falsch verstehen
Muss mich jetzt doch nochmal dazu äußern... "weltverschwöru ng...
shaman (Gast) - 27. Nov, 14:47
naja, ich muss mich auch...
naja, ich muss mich auch öfter mal über ihn wundern...
maschi - 26. Nov, 22:14
sorry
aber Misik ist für mich ein rotes Tuch. Ich kann seine...
weltbeobachterin (Gast) - 26. Nov, 19:44

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